2. Sonett
Rudolf Hagelstange
Aufnahme 2021
Ich habe lange, lange wie ein Stein geschwiegen
und mehr noch als ein Stein, in dessen Schweigen
Vergangenes fortlebt wie an kahlen Zweigen,
die noch berührt sind von der Vögel Wiegen.
Denn noch ist Krieg, und Blut wird ausgegossen.
Wie aus der Wolke stürzt es aus den Leibern
und wird nicht aufgefangen von den Weibern,
für die es süßer wallend einst geflossen.
Vergessen schießt wie Unkraut um die Kinder,
und Sorge wuchert üppig in den Seelen,
und die Zerstörung maßt sich an, Gericht
zu sein, und Urteil spricht der Überwinder.
Wie kann man singen, wenn aus allen Kehlen
der Angstschrei und die Klage bricht?