Ricarda Huch
Ricarda Octavia Huch wurde am 18.7.1864 in Braunschweig geboren und starb am 17.11.1947 in Schönberg im Taunus. Sie war eine deutsche Schriftstellerin, Dichterin, Philosophin und Historikerin.
Huch wuchs in Braunschweig auf. 1886 ging sie nach Zürich, wo sie das Abitur absolvierte und anschließend Geschichte, Philologie sowie Philosophie studierte. In Deutschland waren Frauen damals zum Studium nicht zugelassen. 1892 wurde sie als eine der ersten deutschen Frauen überhaupt an der philosophischen Fakultät der Universität Zürich mit einer historischen Arbeit über „Die Neutralität der Eidgenossenschaft während des spanischen Erbfolgekrieges“ promoviert.
Nach ihrer Tätigkeit als Bibliothekarin und – von diesem Beruf wenig erfüllt – als Lehrerin in Zürich und Bremen lebte Huch 1897 in Wien. 1899 wurde ihre Tochter Marietta geboren. Huch lebte mit ihrem Mann 1898–1900 in dessen Heimatstadt Triest, die damals zu Österreich-Ungarn gehörte. In dieser Zeit erarbeitete sie als erste die Geschichte der italienischen Einigung „Risorgimento“ unter der Führung von Giuseppe Garibaldi. Weil sie sich mit dieser Forschung Verdienste um Italien erworben hatte, wurde sie von den italienischen Faschisten geschätzt, weshalb sie später im nationalsozialistischen Deutschland nicht verfolgt wurde.1926 wurde Richarda Huch als erste Frau in die Preußische Dichter-Akademie aufgenommen.
Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten verweigerte sie eine von den Mitgliedern der Preußischen Akademie der Künste verlangte Loyalitätserklärung gegenüber dem neuen Regime mit der Begründung, dass sie „… verschiedene der inzwischen vorgenommenen Handlungen der neuen Regierung aufs schärfste missbillige“. Als Protest gegen den Ausschluss von Alfred Döblin aus der gleichgeschalteten Akademie trat sie noch im Frühling 1933 als erstes Mitglied aus. Diese Tatsache wurde im Dritten Reich nicht veröffentlicht.
Das Verhalten der neuen Machthaber ihr gegenüber blieb widersprüchlich. Zwar bekam Huch zu ihrem 80. Geburtstag persönliche Glückwunschtelegramme von Goebbels und Hitler, doch in der Presse durfte ihr Geburtstag nicht erwähnt werden. Man wusste, dass sie dem Nationalsozialismus feindlich gegenüberstand, wollte aber wegen ihrer italienischen Verbindungen und wegen des befürchteten negativen Propagandaeffekts nicht gegen sie vorgehen.
Der erste, 1934 erschienene Band ihrer Deutschen Geschichte, die das Regime als implizite Kritik verstand, wurde von der offiziellen Literaturkritik verrissen. Der zweite Band konnte 1937 nur unter großen Schwierigkeiten erscheinen, der dritte und letzte, 1941 fertiggestellte Band überhaupt nicht mehr. Er wurde erst 1949, zwei Jahre nach Ricarda Huchs Tod, in Zürich veröffentlicht.
Die Zeit von 1935 bis 1947, in der sie mit ihrer Tochter und deren Ehemann Franz Böhm in Jena lebte, lässt sich bis zum Kriegsende als innere Emigration beschreiben. Diese war bei Huch gekennzeichnet durch zahlreiche Kontakte zu Gegnern des nationalsozialistischen Regimes. Weil es in der Zeit des Nationalsozialismus wenige Häuser gab, in denen ein offenes Wort gesprochen werden konnte, entwickelte sich Ricarda Huchs Wohnung am damaligen Oberen Philosophenweg (heute Ricarda-Huch-Weg) zu einem Gesprächsort, wo neben Künstlern und Wissenschaftlern auch Personen verkehrten, die selbst oder deren Verwandte später am missglückten Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 beteiligt waren.
Den Frauen und Männern des Widerstands ein Denkmal zu setzen, war der mittlerweile greisen Dichterin eine Aufgabe, die sie sich für die Zeit nach dem „Dritten Reich“ vorgenommen hatte. Dies Projekt, die Lebensläufe der Widerstandskämpfer in Biographien festzuhalten, blieb unvollständig. Immerhin gelang es ihr, die Münchener Weiße Rose und die Geschwister Scholl der Nachwelt einzuprägen. Material zu den Widerstandsgruppen der Roten Kapelle übergab sie 1947 dem Schriftsteller Günther Weisenborn, der es für sein Buch „Der lautlose Aufstand“ verwendete.
In der unmittelbaren Nachkriegszeit bemühten sich sowjetische Stellen darum, Ricarda Huch für sich zu gewinnen: So zeichnete die Jenaer Friedrich-Schiller-Universität Huch 1946 mit der Ehrendoktorwürde aus. Auf dem Ersten deutschen Schriftstellerkongress nach dem Krieg in Berlin war sie Ehrenpräsidentin und konnte einen viel beachteten Vortrag halten. Zudem war sie Mitglied und Alterspräsidentin der Beratenden Landesversammlung Thüringen, dem ernannten ersten Vorparlament des wiedererrichteten Landes Thüringen.
Ein Zitat von Ricarda Huch schmückt heute das Parlament in Erfurt: „Es sei dem Lande Thüringen beschieden, dass niemals mehr im wechselnden Geschehen ihm diese Sterne untergehen: Das Recht, die Freiheit und der Frieden.“
Trotzdem übersiedelte sie von Jena nach Frankfurt am Main, nachdem ihr Schwiegersohn Franz Böhm in Hessen Kultusminister geworden war. Den Reisestrapazen im ungeheizten Zug über die Sektorengrenze war ihre Gesundheit jedoch nicht mehr gewachsen. Im Gästehaus der Stadt Frankfurt in Schönberg starb sie am Morgen des 17. 11. 1947.
Werke u.a.:
Neben Gedichten hat Ricarda Huch Dramen, Romane, Erzählungen, historische, literaturwissenschaftliche und philosophische Werke veröffentlicht. Darum hier nur eine beschränkte Auswahl aus ihrem lyrischen Werk.
1891: Gedichte.
1894: Gedichte.
1907: Neue Gedichte.
1920: Alte und neue Gedichte.
1929: Gesammelte Gedichte.
1944: Herbstfeuer. Gedichte.