Nächtliche Fahrt
Rudolf Hagelstange
Nun flieht mein Herz gleich einem Boot,
Das leise sich vom Ufer löst,
Und alle Last und Tagesnot,
Die über meinem Haupte droht,
Entschwindet sacht.
Es braucht nicht eines Sternes Schein,
Der mich nur auf die Erde stößt.
Und fänd' ich nicht den Weg allein,
So mag der Wind mir Fährmann sein
In dieser Nacht.
Kein Tropfen fällt von Ruders Rand.
Nun bin ich weit im Strome drin
Und lege faltend Hand in Hand.
Ich bin so wunderlich entbrannt
Von dieser Fahrt.
Die Freuden, die ich Freunde pries,
Verlassen mich mit leichtem Sinn.
Die Schmerzen, die ich gern verstieß
Und immer meine Feinde hieß,
Sind brüderlicher Art.
Sie steigen ein und klagen nicht.
Wie viele trägt das Boot!
Und sieh, ein Stern durchs Dunkel bricht.
Ich neige Haupt und Angesicht
Vor seinem Bild.
Wie ist die Fahrt so wundersam,
Als ginge es über Zeit und Tod ...
Der Mond stieg auf, und Friede kam,
Indes ich still das Ruder nahm
Und landwärts hielt.