Ein Tagebuch
Gertrud Kolmar
Aufnahme 2019
Mir ward der Stab geschnitten,
Der zu Erinnrung führt.
So bin ich hingeschritten,
So hat mich lebend angerührt
Das Gras an meiner Sohle,
Der Tannen Sturmgeharf
Und sagegraue Dohle,
Die Hütte von der Schulter warf,
Herzschrei aus tausend Pflanzen
– Ein Wehn in meinem Kleid --
Des Eichhorns rotes Tanzen,
Der Gelbbauchunke Krongeschmeid.
Was einstmals scheu mich streifte,
Mit Mückenwort umsummt,
Das wuchs sich groß und reifte
In ein Geläut, das nicht verstummt,
An Feldermark und Schneise
Die blaue Glocke hebt,
Gedicht der Nonnenmeise,
Die goldne Arabesken webt.
Das alles diente heiter
Dem Tage, der mich ließ,
Das alles ward Begleiter
Dem Fuß, der an Vergangnes stieß,
Und ruhten schwere Dinge
Wie Stein in Flusses Lauf,
Es sank Libellenschwinge
Und nahm sie leicht und liebreich auf.
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Ein Tagebuch [Kolmar-15]
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