Sibirische Sonette
Fritz Diettrich
Aufnahme 2012
I
Sei ohne Furcht, wenn alles droht zu stürzen
Und dich wie einen Stein die Schwerkraft treibt,
Dein Dasein eigenwillig abzukürzen!
Stein bist du, dem Gewölbe einverleibt!
Du trägst mit allen. Denn die Schwerkraft eben
Ist's, die dich gnädig überm Abgrund hält
Und dich nur fester drängt an andre Leben
Bis wunderbar die Schwebung hergestellt.
So Stein an Stein, so Leben dicht an Leben,
Bis dir am Ende alle Qual versüßt
Durch innig schmerzliches Zusammenstreben!
Du trägst den Stein, der das Gewölbe schließt,
Den heiligen Stein, den Gott dir aufgegeben,
Dir und den andern, daß sein Ruhm ersprießt.
II
Und immer noch bin ich Entwurf des Schöpfers
Und spüre durch und durch die starke Hand
Eingreifend wie der Ton die Hand des Töpfers,
Die ihn gelassen formt zum Gegenstand.
Ich dreh mich auf der Scheibe meiner Tage
Zuweilen wie verzaubert und beglückt.
Wenn ich mich sehr aus meiner Mitte wage,
Werd ich mit raschem Griff zurechtgerückt.
Doch stellen mich am Ende seine Hände
Zur Prüfung in den Ofen dieser Zeit,
daß ich erweis in der Gewalt der Brände
Des Menschenherzens höchste Brauchbarkeit
Und es zuletzt, des Schaffens ist kein Ende,
Getaucht wird in den Schmelz der Ewigkeit.