Die Erwartung

Werner Bergengruen

Aufnahme 2021

Eh der Blitz mit Flammenlettern
fährt in unsres Landes Schoß,
langsam aus den stummen Wettern
ringt sich eine Stimme los.

Die wir lange uns, zu hören
weigerten, wir hören jetzt.
Dunkler Gott, dich zu beschwören,
welche Worte sind gesetzt?

Wär'n uns auch die Worte eigen,
blieben sie im Mund gebannt.
Denn die Lippen sind vom Schweigen,
sind vom Lügen uns verbrannt.

Dürfen wir die Hände heben?
Uns're Hände sind befleckt.
Und kein Fürsprech ist gegeben,
bis das Urteil sich vollstreckt.

Hoch um ferne Felsenscharten
wächst ein schwefelfarb'nes Licht.
Wir erbeben und erwarten,
stumm Geduckte, das Gericht.