Stefan Zweig
Stefan Zweig wurde als Sohn eines wohlhabenden jüdischen Textilunternehmers am 28.11.1881 in Wien geboren. Die Familie war nicht religiös, Zweig selbst bezeichnete sich später als „Jude aus Zufall“. Nach verschiedenen Zeitschriftenveröffentlichungen seiner Gedichte erschien 1901 der Gedichtband „Silberne Saiten“ und 1904 seine erste Novelle „Die Liebe der Erika Ewald“. Nach und nach entwickelte er eine markante Schreibweise, die behutsame psychologische Deutung mit fesselnder Erzählkraft und brillanter Stilistik verband. Neben eigenen Erzählungen und Essays arbeitete Zweig auch als Übersetzer der Werke Verlaines, Baudelaires und als Journalist. Zweig pflegte einen großbürgerlichen Lebensstil und reiste viel, unter anderem besuchte er 1910 Indien und 1912 Amerika. Diese Reisen verschafften ihm immer wieder Kontakte zu anderen Schriftstellern und Künstlern, mit denen er oft lang anhaltende Korrespondenzen führte. Den ersten Weltkrieg überstand er, als untauglich ausgemustert und im Kriegsarchiv eingestellt, fern von der Front unbeschadet. Nach dem Krieg trat Zweig als engagierter Intellektueller vehement gegen Nationalismus und Revanchismus ein und warb für die Idee eines geistig geeinten Europas. Er schrieb viel während dieser Zeit: Erzählungen, Dramen, Novellen. Die historischen Momentaufnahmen „Sternstunden der Menschheit“ von 1927 zählen bis heute zu seinen erfolgreichsten Büchern.1928 bereiste er die Sowjetunion, wo seine Bücher auf Betreiben von Maxim Gorki auch auf Russisch erschienen.
Nach der „Machtergreifung“ der deutschen Nationalsozialisten im Jahre 1933 wurde deren Einfluss auch in Österreich in Form von Bombenterror und unverhohlenen Auftritten der SA spürbar. Zweig nahm die nationalsozialistische Bedrohung von Salzburg aus, quasi in Sichtweite des Domizils Hitlers auf dem Obersalzberg, sehr ernst und sah darin ein „Vorspiel zu viel weiterreichenden Eingriffen“. Am 18. Februar 1934 durchsuchten vier Polizisten aufgrund einer Denunziation das Haus des erklärten Pazifisten. Zwei Tage danach stieg Zweig in den Zug und emigrierte nach London.
In Deutschland durften seine Bücher nicht mehr erscheinen, sondern wurden in Wien verlegt. Im österreichischen Ständestaat wurde er weiterhin ausgesprochen geschätzt. Im Exil in England lebend, konnte Zweig über den Reichner-Verlag in Wien nach wie vor ein deutschsprachiges Publikum erreichen; nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich wurden seine deutschen Schriften in Schweden gedruckt, wobei er international weiterhin einer der meistgelesenen Autoren seiner Zeit blieb. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges nahm Stefan Zweig die britische Staatsbürgerschaft an. Aber bald verließ er London aus Furcht, dass die Engländer keinen Unterschied zwischen Österreichern und Deutschen machen würden und er dann als feindlicher Ausländer interniert würde. Über die Stationen New York, Argentinien und Paraguay gelangte er im Jahr 1940 schließlich nach Brasilien, einem Land, das ihm früher eine triumphale Begrüßung bereitet hatte und für das er eine permanente Einreiseerlaubnis besaß.
Am 23.2.1942 nahm sich Stefan Zweig in Petrópolis (bei Rio de Janeiro) mit einer Überdosis Veronal das Leben. In seinem Abschiedsbrief hatte er geschrieben, er werde „aus freiem Willen und mit klaren Sinnen“ aus dem Leben scheiden. Die Zerstörung seiner „geistigen Heimat Europa“ hatte ihn für sein Empfinden entwurzelt, seine Kräfte seien „durch die langen Jahre heimatlosen Wanderns erschöpft“. Zweigs Entscheidung, sein Leben zu beenden, stieß nicht überall auf Verständnis, zumal seine materielle Existenz, anders als die vieler Schriftstellerkollegen im Exil, gesichert war. Stefan Zweig wurde ein Symbol für die Intellektuellen im 20. Jahrhundert auf der Flucht vor der Gewaltherrschaft
Thomas Mann schrieb 1952 zum zehnten Todestag von Stefan Zweig über dessen Pazifismus: „Es gab Zeiten, wo sein radikaler, sein unbedingter Pazifismus mich gequält hat. Er schien bereit, die Herrschaft des Bösen zuzulassen, wenn nur das ihm über alles Verhasste, der Krieg, dadurch vermieden wurde. Das Problem ist unlösbar. Aber seitdem wir erfahren haben, wie auch ein guter Krieg nichts als Böses zeitigt, denke ich anders über seine Haltung von damals – oder versuche doch, anders darüber zu denken.“
Werke u.a.:
1901: Silberne Saiten. Gedichte.
1904: Die Philosophie des Hippolyte Taine. Dissertation
1904: Die Liebe der Erika Ewald. Novellen. Buchschmuck v. Hugo Steiner-Prag, Berlin
1906: Die frühen Kränze. Gedichte. Insel, Leipzig
1907: Tersites. Ein Trauerspiel. In drei Aufzügen, Leipzig
1910: Emile Verhaeren. Leipzig
1911: Brennendes Geheimnis,
1911: Erstes Erlebnis. Vier Geschichten aus Kinderland
1912: Das Haus am Meer. Ein Schauspiel in zwei Teilen. (In drei Aufzügen) Leipzig
1913: Der verwandelte Komödiant. Ein Spiel aus dem deutschen Rokoko. Leipzig
1917: Jeremias. Eine dramatische Dichtung in neun Bildern. Leipzig
1917: Erinnerungen an Emile Verhaeren, Privatdruck
1918: Das Herz Europas. Ein Besuch im Genfer Roten Kreuz. Zürich
1919: Legende eines Lebens. Ein Kammerspiel in drei Aufzügen. Insel, Leipzig
1919: Fahrten. Landschaften und Städte. Tal, Leipzig und Wien
1920: Drei Meister: Balzac – Dickens – Dostojewski. Insel, Leipzig
1920: Marceline Desbordes-Valmore. Das Lebensbild einer Dichterin.Leipzig
1920: Der Zwang. Eine Novelle, Insel, Leipzig
1921: Romain Rolland. Der Mann und das Werk. Rütten & Loening, Frankfurt
1922: Brief einer Unbekannten. Lehmann & Schulze, Dresden
1922: Amok. Novellen einer Leidenschaft. Insel, Leipzig
1922: Die Augen des ewigen Bruders. Eine Legende. Leipzig
1922: Phantastische Nacht. Erzählung. Die Neue Rundschau. Jahrgang 33. Berlin
1923: Frans Masereel (mit Arthur Holitscher), Axel Juncker, Berlin
1924: Die gesammelten Gedichte. Insel, Leipzig
1925: Die Monotonisierung der Welt. Essay. Berliner Börsen-Courier
1925: Angst. Novelle. Mit Nachwort von E. H. Rainalter, Reclam, Leipzig
1925: Der Kampf mit dem Dämon. Hölderlin – Kleist – Nietzsche. Insel, Leipzig
1926: Ben Johnson’s „Volpone“. Eine lieblose Komödie in drei Akten. Frei bearbeitet von Stefan Zweig. Mit sechs Bildern nach Aubrey Beardsley, Kiepenheuer, Potsdam
1927: Der Flüchtling. Episode vom Genfer See. Bücherlotterie, Leipzig
1927: Abschied von Rilke. Eine Rede. Wunderlich, Tübingen
1927: Verwirrung der Gefühle. Drei Novellen. Insel, Leipzig
1927: Sternstunden der Menschheit. Fünf historische Miniaturen. Leipzig o. J.
1928: Drei Dichter ihres Lebens. Casanova – Stendhal – Tolstoi. Insel, Leipzig
1928: Rahel rechtet mit Gott. In: Insel-Almanach auf das Jahr 1929, S. 112–131, Insel, Leipzig
1929: Joseph Fouché. Bildnis eines politischen Menschen. Insel, Leipzig
1929: Das Lamm des Armen. Tragikomödie in drei Akten. (neun Bildern), Insel, Leipzig
1929: Vier Erzählungen. (Die unsichtbare Sammlung. Episode am Genfer See. Leporella. Buchmendel). Insel, Leip:zig
1931: Die Heilung durch den Geist. Mesmer – Mary Baker Eddy – Freud. Leipzig
1932: Marie Antoinette. Bildnis eines mittleren Charakters. Leipzig;
1934: Triumph und Tragik des Erasmus von Rotterdam. Herbert Reichner, Wien
1935: Die schweigsame Frau. Komische Oper in drei Aufzügen. Libretto, frei nach der Komödie Epicoene, or The Silent Woman von Ben Jonson. Musik von Richard Strauss. Fürstner, Berlin. UA 24. Juni 1935 Dresden (Staatsoper)
1935: Maria Stuart. Reichner, Wien
1936: Gesammelte Erzählungen, 2 Bände (Band 1: Die Kette, Band 2: Kaleidoskop), Wien
1936: Castellio gegen Calvin oder. Ein Gewissen gegen die Gewalt, Wien
1937: Der begrabene Leuchter. Novelle. Wien
1937: Begegnungen mit Menschen, Büchern, Städten, Wien
1938: Magellan. Der Mann und seine Tat. Wien
1939: Ungeduld des Herzens. Roman. Bermann-Fischer/Allert de Lange, Stockholm/Amsterdam
1941: Brasilien. Ein Land der Zukunft. Bermann-Fischer, Stockholm
1942: Schachnovelle. Buenos Aires
1943: Zeit und Welt. Gesammelte Aufsätze und Vorträge 1904–1940. Stockholm
1942 Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Stockholm
1944: Amerigo. Die Geschichte eines historischen Irrtums. Stockholm
1945: Legenden Stockholm
1946: Balzac. Roman seines Lebens. Hrsg. Richard Friedenthal, Stockholm
1961: Fragment einer Novelle. Hrsg. Erich Fitzenbauer. Wien
1982: Rausch der Verwandlung. Roman. Aus dem Nachlass hrsg. v. Knut Beck