Lieder
Friedrich Nietzsche
Aufnahme 2013
I
Mein Herz ist wie ein See so weit
drin lacht dein Antlitz sonnenlicht
in tiefer, süßer Einsamkeit,
wo leise Well' an Well' sich bricht.
Ist's Nacht, ist's Tag? Ich weiß es nicht.
Lacht doch auf mich so lieb und lind
dein sonnenlichtes Angesicht,
und selig bin ich wie ein Kind.
II
Es ist der Wind um Mitternacht,
der leise an mein Fenster klopft.
Es ist der Regenschauer sacht,
der leis an meiner Kammer tropft.
Es ist der Traum von meinem Glück,
der durch mein Herz streift wie der Wind.
Es ist der Hauch von deinem Blick,
der durch mein Herz schweift regenlind.
III
Einsam durch den düsterblauen
nächt'gen Himmel seh' ich grelle
Blitze zucken an den Brauen
schwarzgewölbter Wolkenwelle.
Einsam loht der Stamm der Fichte
fern an duft'ger Bergeshalde.
Drüber hin im roten Lichte
zieht der fahle Rauch zum Walde.
In des Himmels fernes Leuchten
rinnt der Regen zart und leise,
traurig, schaurig, eigner Weise. –
In deinen tränenfeuchten
Augen ruht ein Blick,
der schmerzlich, herzlich
dir und mir verwehte Leiden,
verlorne Stunden und zerronnen Glück
zurückrief beiden. –
IV
In stillen Stunden sinn' ich oft,
was mir so sehnlich bangt und graut,
wenn unvermerkt und unverhofft
ein süßer Traum mich übertaut.
Weiß nicht, was ich hier träum' und sinn',
weiß nicht, was ich noch leben soll;
– und doch, wenn ich so selig bin,
schlägt mir mein Herz so sehnsuchtsvoll.
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Lieder [Nietzsche-07]
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