Die Heimatlosen

Gertrud von Le Fort

Aufnahme 2012

Wir sind von einem edlen Stamm genommen,
Der Schuld vermählt,
Wir sind auf dunklen Wegen hergekommen
Wund und gequält.

Wir hielten einst ein Vaterland umfangen -
Gott riß uns los -
Wir sind durch Feuer und durch Blut gegangen
Verfolgt und bloß.

Des Abgrunds Engel hat uns überflogen -
Wer bannt sein Heer?
Wir sind am Rand der Hölle hingezogen -
Uns graust nicht mehr.

Durch jede Schmach sind wir hindurchgebrochen
Bis ins Gericht:
Wir hörten Worte, die ihr nicht gesprochen -
O, redet nicht!

Uns winkt hier niemals Heimat mehr wie andern,
Uns hält kein Band,
Gott riss uns los, wir müssen wandern, wandern -
Wüst liegt das Land,

Wüst liegt die Stadt, wüst liegen Hof und Hallen,
Die Hand ward leer,
Wir sahen eine Welt in Trümmer fallen -
Uns trifft nichts mehr.

Ziel eines Hasses oder Spottes,
Was liegt daran?
Wir sind die Heimatlosen uns'res Gottes -
Er nimmt uns an.

Die Schuld ist ausgeweint, wir sind entronnen
Ins letzte Weh:
Die ew'ge Gnade öffnet ihre Bronnen -
Blut wird zu Schnee.