Unverbesserlich

Gioconda Belli

Aufnahme 2014

Manche meinen
zu überschwenglich feiere ich
die Geheimnisse des Körpers
das Fleisch und seinen süßen Duft nach Früchten.
 
Halt endlich den Mund, Frau, sagen sie,
laß uns in Ruh' mit deiner Lust.
Geh in dein Zimmer
zieh dich aus
tu was du willst
doch schweig
und schrei es nicht in alle Winde.
 
Eine Frau muß zart sein, mütterlich und sanft;
Schleier der Scham vor ihren Augen
erheben sie zur ewigen Hüterin der Tugend.
Eine Frau, die sich der Lust hingibt, ist wie ein aufgewühltes Meer
wo man nur untergehen kann.
 
Schweig endlich. Sprich nicht mehr von Leibern und von Feuchtigkeit.
Früher, als du jung warst, mochte das noch angeh'n.
Immerhin darf man in diesem Alter wohl etwas ungezügelt sein.
Doch jetzt muß Schluß sein.
Bald wirst du Enkel haben. Da werden Leidenschaften lächerlich.
Wenn das Fleisch erst aufhört, fest zu sein,
mußt du die Seele falten,
zur Kirche gehen,
Strümpfe stricken
und den Blick löschen lassen von der erzwungenen Würde der Wechseljahre.
 
Heut setz ich mich und schreibe
gegen die Hohenpriester der Anständigkeit,
gegen alle, die, wenn Argumente nichts mehr taugen,
uns Frauen ein verfrühtes Alter verschreiben
einsame Traurigkeit
vorzeitige Furcht vor Falten.
 
Ah, meine Herren! Wißt ihr denn
wieviele Wunder herbstliche Körper verbergen,
wie große Feuchtigkeit, wie starken Humus
wieviel goldenen Glanz versteckt im Blattwerk des Waldes
wo die fruchtbare Erde
sich nährte von Zeit.