Laotse
Laotse gilt als Begründer des Taoismus. Das ihm in der Legende zugeschriebene Werk, welches erst durch den Han-Kaiser Jing (157–141 v. Chr.) als Tao Te King gefasst und betitelt wurde, ist das Hauptwerk des Taoismus. Das Werk ist wahrscheinlich im 4. Jahrhundert v. Chr. entstanden.
Trotz der sonst beeindruckenden Überlieferung minutiöser Chroniken und Listen von Herrschern, Beamten und anderen Würdenträgern des alten China ist über Laotse fast nichts bekannt. Die ältesten Quellen, die ihn erwähnen, sind Anekdoten und Legenden. Die erste historische oder biographische Quelle findet sich im Shǐjì, den „Aufzeichnungen des Chronisten“ aus dem 1. Jahrhundert v. Chr., doch Sīmǎ Qiān schreibt selbst, dass seine Quellenlage sehr unsicher sei und er widersprüchliche Aussagen über Laotse gefunden habe; deshalb sei er nicht sicher, ob Laotse tatsächlich je gelebt habe.
Anhand von philologischen Untersuchungen und Exegese der überlieferten Fassungen nimmt die heutige Wissenschaft an, dass Laotse wahrscheinlich nie existiert hat, sondern dass das Werk diesen Namen in einer Zeit bekam, als lange tradierte mündliche Überlieferungen aufgeschrieben und mit einem Verfasser versehen wurden. Die Legenden, die sich um Laotse ranken, entstanden wohl aus dem Bedürfnis der damaligen Zeit heraus, eine Überlieferung historisch greifbar und zu einer Schule gehörend zu machen. Den Legenden nach wurde Laotse über 160 Jahre alt, andere Quellen sprechen sogar von 200 Jahren. Dieses hohe Alter habe er durch Vollkommenheit im Tao erreicht. Allerdings ist sogar die taoistische Literatur in diesem Punkt widersprüchlich. Nach seinen eigenen Lehren suchte Laotse Zurückgezogenheit und Namenlosigkeit. Dies steht im Widerspruch zur Bekanntheit seiner Person.
Zhuangzi, nach traditionellen Berichten der berühmteste Nachfolger Laotses, hatte großen Einfluss auf die chinesische Literatur und Kultur.Von Laotse beeinflusste Staatsphilosophen befürworteten Demut in der Führung und Zurückhaltung im Staatswesen, entweder aus ethischen und pazifistischen Gründen oder für taktische Zwecke. In einem anderen Zusammenhang haben verschiedene anti-autoritäre Bewegungen die Laotse-Lehren als die Macht der Schwachen gelobt. Bertolt Brecht beschäftigte sich in den 1920er und 1930er Jahren mit dem Taoteking, was sich 1938 in seinem berühmten Gedicht „Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration“ widerspiegelte.