Marienballade
Francois Villon
Aufnahme 2025
Übertragung: Fritz Diettrich
(Für seine alte Mutter gedichtet)
Du Herrin droben, Herrin auch auf Erden
Und drunten auch im Höllensumpfbereich
Ich könnte ohne dich nicht fertig werden,
Fänd nicht den Heimweg ins verheißne Reich!
Birg unter deinem Mantel mich, wenngleich
Birg unter deinem Mantel mich, wenngleich
Du das Gesicht mir so mit Glanz geblendet,
Daß ich es schuldbewußt jäh abgewendet!
Durch deine Reinheit kann ich nicht verderben,
Wenn notvoll einse Tags mein Leben endet.
In diesem Glauben rüst ich mich aufs Sterben.
Sag deinem Sohn, ich sei von seinen Herden
Ein schwarzes Schaf, der Ägyptiaca gleich,
Und büß die Lust durch fleischliche Beschwerden!
Von dir begnadigt nach dem Teufelsstreich,
Bezog Theophilus das Himmelreich,
Wie sehr er seine Seele auch geschändet.
O Jungfrau, sei mir gnädig zugewendet,
Die du, an deinem Leib ohn Fehl und Kerben,
Für uns das Allerheiligste vollendet!
In diesem Glauben rüst ich mich aufs Sterben.
Ein armes Weib bin ich, durch Älterwerden
Einfältig worden anstatt wissensreich.
Und so gehör ich zu den Ungelehrten,
Die fromme Bilder anschauen zum Vergleich.
Vor Höllenszenen werd ich schreckensbleich,
Doch froh vor andern, drauf der Himmel blendet
Und sich an alle Seligen verschwendet.
Laß nicht vergebens um dies Glück mich werben
Bei dir, Maria, die uns zugewendet.
In diesem Glauben rüst ich mich aufs Sterben.
Von dir, du Mildeste, kommt Trost und wendet
Im Namen dessen, der die Welt vollendet,
Liebreich mein Leben, schon dem Tod verpfändet.
Läßt seine Menschheit nimmermehr verderben,
Opfert sich hin, dass ihr hinfort bekenntet
Nur ihn als Herrn und in ihm Frieden fändet
In diesem Glauben rüst ich mich aufs Sterben.